Aptum

enkel

In der Raumstation. Nach dem Fotografieren lasse ich das Handy sinken, da höre ich von der Seite: "Sie sehen aus wie mein Enkel." Direkt neben mir steht sie: grauhaarig, klein, rollatorgestützt, Brillenträgerin. Der Satz hat mich aus dem Konzept gebracht. Ich befürchte fast einen reversen Enkeltrick. "Aber ich bin nicht Ihr Enkel." "Ja sicher." Sie schaut an mir herab, dann wieder Blickkontakt. "Aber Sie sehen genau so aus. Hochmodern und ganz jung!" Hilfe, denke ich. Was geht hier vor? "Das hört man mit 52 nicht mehr so oft." "Ich bin viel älter!", versichert sie mir. "Mit 52 ist man doch im besten Alter. Da hat das Leben noch einen Sinn." Und schon ist sie weggerollert, zielstrebig und agil. Eigentlich hat mich der Fotofix-Automat hergelockt, und als ich mich in die Kabine setze, weiß ich genau, dass die Bilder gut werden. Sie werden dann doch scheiße, denn das ist das Gesetz der Welt.

Leuchtmittel

stasikuechkl

In meiner Stasiküche verhöre ich die Gefangenen. Das Neonlicht von der Decke macht jeden weich, schon bevor ich die Vergangenheit ins Spiel bringe. Ich will auch wissen: Welchen Klassenstandpunkt nimmst du ein? Und wer ist dein Lieblingskünstler? Ein Tonband läuft mit, und ich mache mir Notizen. Mit dem Neon geraten die Siebzigerjahre auf die Spulen und zwischen die Zeilen. Wenn die Gefangenen verstockt sind, helfe ich nach. Willst du, dass jemand kommt, der nicht so nett ist wie ich? Und ich schaue bedeutungsvoll hinüber zum Toaster. Ich frage nach Vater und Mutter, denn das ist psychologisch. Bald wird klar, wer ein Feind ist und wer weint. Wenn das Verhör erfolgreich war, gibt es ein Getränk, das getrunken werden muss. Denn aus den leeren Tassen und Gläsern entnehme ich den Atem der Befragten.