Männchen

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Sie waren wirklich überall. Schulen, Rathäuser, Turnhallen und sogar Privathäuser hatten sie an der Backe kleben. Die gesichtslosen Männchen beschäftigten sich oft mit Wissenschaft oder Ackerbau; sie betrieben Produktion und Krankenpflege. Und Sport. Meine Güte, was liebten sie den Sport. Leichtathletik und Turnen. Obwohl es ziemlich offensichtlich war, was sie da trieben, fragte ich mich sogar als Kind: warum das alles? Eine Turnhalle war eine Turnhalle, eigentlich gab es keinen Grund, sie mit Männchen in endlosem Wettkampf zu verzieren, oder vielleicht doch? Andererseits: Was sollten Bauern ohne Gesicht an der Wand eines städtischen Wohnhauses, das nichts mit der Landwirtschaft zu tun hatte?

Heute weiß ich ja, dass es sich bei den Männchen um stilistische Bastarde handelte, irgendwo zwischen Schlemmers Triadischem Ballett und Aichers Piktogrammen geschmacksverirrt. Und sie waren das Gegenstück zu den ermüdenden Propaganda-Wandmalereien in der DDR, über die sich der Westen so gern lustig machte.

Als Kind den Männchen zu misstrauen: Es war schon ok.