Moos

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Diesen Ort abgelegen zu nennen, wäre eine Untertreibung. Ein winziger jüdischer Friedhof im Wald bei Unterschwandorf (Stadt Haiterbach, Baden-Württemberg). Angelegt wurde er 1801. Die letzte Beisetzung fand 1879 statt, nachdem sich die Jüdische Gemeinde in den 1860ern aufgelöst hatte. Die Synagoge war aufgegeben worden und verfiel, wie der Friedhof selbst auch. 1969 beschlossen die Unterschwandorfer, ihren jüdischen Friedhof wiederherzustellen. 1996 wurde der Friedhof von Neonazis geschändet. Heute herrscht dort eine märchenhafte Atmosphäre, weil Moos fast das ganze Gelände und einige der Grabsteine überzieht. Es gedeiht auch in dem umliegenden Wald prächtig. Ich musste über die Leute nachdenken, die dort beerdigt worden waren. Sie hatten Diskriminierung erfahren und schreckliche Gewalt, wie während des Pogroms von 1848 in der Nachbarstadt Baisingen. Sie hatten sicher auch Zeiten der Normalität und der relativen Sicherheit gekannt, wie ihre christlichen Mitbürger. Keiner von ihnen hätte sich träumen lassen, was mit seinen Nachkommen ein paar Generationen später geschehen würde. Ich bin nicht religiös, aber ich ließ einen Stein da.

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