Rhodopsin
29/04/18 21:16
Natürlich hätte man die gigantische schwedische Shoppingmall inmitten von anscheinend unberührter Natur als einen Schandfleck ansehen können. Sie war nicht unbedingt schön; das Banale und das Mediokre herrschten dort mit eiserner Gewalt. Die Leute hatten ein wenig mehr Übergewicht als wir selbst, genau wie ihre gelben Einkaufstaschen ein wenig mehr Übergewicht hatten als die unseren. Aber all das bloß für eine Abscheulichkeit zu halten, zu der wir nun einmal notgedrungen auch gehörten, hätte die Sache verfehlt.
Wo immer sich Menschen aufhalten, wird es seltsam. Die angenehmere Seite der Seltsamkeit wird "Magie" genannt; ihre Kehrseite oft die "Hölle". Die Magie und die Hölle können sehr gut koexistieren. Zugegebenermaßen war es für mich als Fremden einfach, etwas Magisches an dem Fast-Food-Kiosk bei der Shoppingmall zu sehen. Zum Beispiel gab es da Sachen, die ich noch nie gegessen hatte. Das kalte, regnerische Wetter führte dazu, dass wir die einzigen Gäste waren, und banale Orte, die auf die Anwesenheit von Menschen ausgelegt sind, werden in verlassenem Zustand oft noch magischer (oder höllischer).
Die angebliche Entfremdung der Menschen von der Natur halte ich mehr und mehr für eine optische Täuschung. Ich würde gerne "unnatürliche" Dinge wie Shoppingmalls, Müll und technische Artefakte so fotografieren, als wären sie Produkte der Natur, als würden sie genau dort hingehören, wo sie sind. Es ist mir noch nicht gelungen. Vielleicht brauche ich dazu auch eine Art Hilfestellung von der Natur, die sie selbst noch nicht richtig kennt. Wie zum Beispiel im Umgang mit unserem Plastikmüll.
Wir sind Teil einer Natur, die aufhörte rein zu sein, als wir Menschen wurden.
[englisch]