Mai 2018

Kristall

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Die Steine stehen in den Museen wie in einem sehr langsamen Zoo. Es ist eine geologische Gleichgültigkeit, die sich gewaschen hat. Die Steine waren so lange in der Erde, dass sie das Bewusstsein schon wieder verloren haben – hat ja eh nichts gebracht. "Stein, sag mir was." Keine Antwort. An die Stelle des direkten Gesprächs treten Wissenschaft und Kultur, also die Kristallographie und der äußerst langsame Zoo, damit es überhaupt ein Ergebnis gibt. Aber wie sollte das die Steine beeindrucken? Sie haben sich mit ihren Schichten einmal gehoben, einmal gesenkt, und dazwischen lebten die Dinosaurier. Später kamen kleine Männer, meißelten sie aus dem Berg und hoben sie wieder an, auf ein Museumspodest. Ein Übergang, der nicht lange andauerte.

Glanz

Verschränkung

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Die Serie war nicht sehr erfolgreich. Ein bestimmtes Zimmer in einem bestimmten Motel in Amerika ist durch unerklärte Ereignisse aus der Zeit gefallen, und das hat zu erheblicher Verspukung geführt. Es ist immer der 4. Mai 1961. Der Mann, der sich in dem Zimmer aufhielt, als das Ereignis stattfand, altert nicht mehr. Wie alles, was sich dort befindet. Objekte aus diesem Raum sind in der normalen Welt unzerstörbar und besitzen magische Fähigkeiten. Verschiedene Geheimbünde jagen ihnen nach. Und so weiter, und so weiter. Die Serie ist komplett unlogisch und kann tricktechnisch nicht mit dem mithalten, was später kam. Ich denke of an sie.

An einem Tag, der wie warmes Glas war, gingen wir zum Arzt, weil dir etwas fehlte. Wir hatten keinen Termin und mussten viel Zeit vertrödeln. Als du behandelt wurdest, saß nur noch ich im Wartezimmer. Der Computer verwandelte es in etwas Anderes.

Ein weiteres Foto von mir, das eigentlich ein Schaufenster in der Galerie Vivienne (Paris) am 2.2.2012 zeigt, heißt auch The Lost Room. Ich benutzte es dann als Titelbild für meine Erzählungssammlung Nachtflug.

Radula

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Es konnte im Wald nicht nur um Pilze gehen. Wir wollten auch gute Waldportraits, und die Schnecke kam uns wie gerufen. Als du sie zwischen den Fingern hieltst, kräuselte sich ihr Schleimfuß so schön, aber die gehörnte, unreife Erdbeere ihres Kopfs interessierte mich noch mehr. Wir ließen sie dannn weiter im Wald herumschnecken. Die Frage, ob wir ihr Unannehmlichkeiten bereitet hatten, stellten wir uns erst gar nicht. Später mussten wir überprüfen, ob die Wildnis auf uns übergegangen war, aber wir fanden weder Zecken noch einen Hinweis auf spontane Begrünungen.

Ontology II

Augen

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Denkst du nicht auch manchmal, dass sie dich beobachten? Dich persönlich; aus geheimen, unerfindlichen Gründen, ja vielleicht sogar ganz ohne Grund? Sie sitzen da, warten, zeichnen alles auf, was du tust, immer beschäftigt mit ihrer distanzierten, effizienten und leidenschaftslosen Überwachungsoperation. Interessiert, aber nicht involviert. Fast wohlwollend. Oder zumindest ohne Bösartigkeit, die speziell dir gilt.

Alles Unfug. Sie, das sind nur die NSA und ihre tausendgestaltigen lokalen Gegenstücke. Und deine eigene Paranoia.